Infos zu (S%C3%84CHSISCH%20%E2%80%93%20TH%C3%9CRINGER%20KALTBLUT)


Rassenname:
SÄCHSISCH – THÜRINGER KALTBLUT

Zuchtland:
Deutschland

Zuchtgebiet:
Sachsen und Thüringen

Besonderheiten:
alte Rassesubstanz

Größe:
158 cm bis 165 cm

Gruppe:
Rasse

Blut:
Kaltblut

Die Pferdezucht in Sachsen und Thüringen hat eine lange, bewährte Tradition. Beide heutigen Zuchten sind Belgischen Ursprungs und begründen sich auf einen Blutlinienbegründer, dem Belgier JUPITER BS 126. Die ehemals kurfürstlichen Gestüte Merseburg, Torgau, Moritzburg und die Anfänge der „Landbeschälung‘ 1765 im Erzgebirge erinnern daran. Thüringen hatte mit Allstedt ein fürstliches Hofgestüt, dessen Wurzeln bis in das frühe 12. Jh. reichen. Als die eigentliche Geburtsstunde der Thüringer Kaltblutzucht kann man das Jahr 1862 definieren, denn in diesem Jahr wurde der MITTELDEUTSCHE PFERDEZUCHTVEREIN mit seinem Sitz in Gotha gegründet. Dessen Initiator war der damalige Herzog ERNST II. von Sachsen-Coburg und Gotha. Das Zuchtziel wollte ein „kräftiges, ausdauerndes, gängiges Pferd im Typus eines tüchtigen Artillerie- und Gendarmeriepferdes“. Der Leitspruch der damaligen Züchter um den Herzog lautete nicht umsonst: “Wenn in Mitteldeutschland die Pferdezucht überhaupt wieder reaktioniert werden soll, so kann dies nur durch die Züchtung eines schweren und frühreifen Gebrauchspferdes geschehen“. Schon zu dieser Zeit wurde auf diesen mittelschweren Kaltbluttyp hingewiesen der mit Hilfe von Percheronern, Ardennern und Cob Normannen entstehen sollte. Später folgten auch Belgier und andere Rassen. Diese Art der Kaltblutzucht war vorerst fast nur im Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha und dem Fürstentum Schwarzburg - Sondershausen zu finden, fand aber schnell eine weitere Verbreitung über weitere Teile Thüringens. Um das gesteckte Zuchtziel zu erreichen wurden ab 1860 zahlreiche Hengste in das Ursprungszuchtgebiet importiert. Der erste Percheron Hengst kam 1863 dem bis 1884 noch vier weitere folgten. In den Jahren 1890 bis 1894 kamen zwei englische Shires und auch ein Belgier dazu. Bis 1901 kamen noch weitere acht Belgier und auch Dänen in das Zuchtgebiet. Der erste Ardenner kam im Jahre 1869 in das Fürstentum Schwarzhausen - Sondershausen. Sehr gute Zuchterfolge stellten sich ab 1895 auch mit Rheinischen Hengsten aus dem Gestüt Wickrath ein, die besonders im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach wirkten. Unter all den vielen Rassen stellte sich sehr bald der Belgier als die bevorzugte und anpassungsfähigste Rasse dar. Nicht umsonst gilt auch der belgische Hengst JUPITER BS 126, geboren 1880, als der Stammvater der Thüringer Kaltblutzucht. Er bekam 1893 in Belgien den National – Siegerehrenpreis und sein Blut verbreitete sich sehr weit, besonders wegen seiner vorzüglichen und zuverlässigen Vererbungskraft. Dieser Hengst war besonders harmonisch gebaut, war 165 cm groß und hatte einen Röhrbeinumfang von 27 cm. Leider wurde er nur 13 Jahre alt, aber bis 1957 gingen fast alle Thüringer Hengste auf ihn zurück. Er wirkte auch über seine späteren Nachkommen in der 5. Generation, besonders über BEAU FILS de NAAST, AVENIR d’HERSE und GAULOIS de MONCEAU 888. Eine weitere Bedeutung hatte auch die HALIFAX Nachkommenschaft. HALIFAX de VIELLE COUR 1638 war ein AVENIR DE FOREST Enkel, der wiederum ein Sohn von AVENIR d’HERSE war.
Daher erfolgte bis zum zweiten Weltkrieg noch ein reger Import von Belgiern in das Zuchtgebiet. Sehr große Importe fanden besonders bis zum ersten Weltkrieg statt, wobei nicht nur Hengste, sondern auch eine große Anzahl tragender Stuten oder Stuten mit Fohlen eingeführt wurden. Während man in Thüringen neben schweren Warmblütern vor allem mittelschwere Kaltblüter im belgisch und später rheinisch-deutschen Typ bevorzugte, begann man im Königreich Sachsen Mitte des 19. Jh. mit der Zucht auf der Grundlage von Norikern, Percherons und Shires. Gefördert wurde die damalige Zucht vor allem durch Vögte. Während in Sachsen die Zahl der 1898 vorhandenen 89 865 Kaltblüter im Jahre 1928 auf 43 706 zurückgegangen war, stieg sie in Thüringen von 24 445 bis 1928 auf 53 614 an.
Besonders in den Urzuchtgebieten Thüringens waren diese mittelgroßen Kaltblüter mit ihrem ruhigen Temperament, der steten Arbeitswilligkeit und Zugfestigkeit beliebt das sie weiterhin auch noch sehr frühreif, fruchtbar und genügsam waren. So passten diese Pferde perfekt in das Zuchtgebiet. Die Bedeutung der Kaltblutzucht und deren Dominanz ist auch dem späteren Jenaer Professor Simon von NATHUSIUS zu verdanken, einem unermüdlichen Verfechter der Kaltblutzucht, der die Pferdezucht besonders im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach neu organisierte. Ergebnis dieser Neuordnung waren die Änderung des Hengstkörgesetzes im Jahre 1904 und die Einteilung des Landes in Verwaltungsbezirke und der Festlegung reiner Kaltblutzuchtgebiete. Bis zum Jahre 1949 war die Blütezeit der Kaltblutzucht in Thüringen und Sachsen erreicht. Körungen erfolgten nach dem Körgesetz von 1935 und das Zuchtziel sah ein kräftiges, gut gebautes, tiefes, breites, leichtfuttriges Pferd kaltblütigen Schlages vor, das mit starken Knochen und freien Bewegungen im Typ des Rheinisch - Deutschen Kaltblutpferdes stehen sollte. Nachdem man lange Zeit noch keine eigenen Deckhengste hatte und immer noch Hengste importiert werden mussten änderte sich dies bis 1945, denn ab 1941 konnten bodenständige Hengste zur Körung antreten und auch mit ausgeschriebenen Prämierungen rechnen. In dieser Zeit entstanden auch viele gute private Hengstaufzuchtbetriebe. Bis 1955 konnte man immer mehr boden-ständig gezogene Hengste in der eigenen Zucht einsetzten und der Import von weiteren Zuchthengsten konnte eingestellt werden.
In beiden Zuchtgebieten ging die Zahl der eingetragenen Stuten und Hengste nach 1945 stark zurück, ohne allerdings den Bestand zu gefährden. Nach 1950 kam es aber zu einem starken Rückgang der Zucht, denn diese Pferde wurden nicht mehr gebraucht oder man orientierte sich an Pferden die deutlich kleiner und leichter waren. Das Zuchtziel sah nun ein im mittleren Rahmen stehendes tiefes und breites Wirtschaftspferd vor. Weiterhin wurden eine feste Oberlinie und eine lange gute geneigte, voll bemuskelte Kruppe gefordert. Das Fundament sollte trocken und kräftig ausgebildet und mit gesunden Hufen versehen sein. Pferde mit Behang werden selektiert. 10 Jahre später sah es noch schlechter aus und die Pferde wären in Thüringen und Sachsen fast von der Bildfläche verschwunden. Sehr unschön war auch die Deklassifizierung dieser tollen Arbeitspferde die ab dieser Zeit alle unter der Bezeichnung Kaltblut liefen und es auch keine Bestrebungen gab eigene Kaltblut-
rassen zu entwickeln oder alte zu erhalten, obwohl schon Unterschiede zu den nördlicheren und südlicheren Kaltblütern der DDR bestanden.
Zum Glück gab es noch immer die Forstwirtschaft und damit eine Daseinsberechtigung solcher Pferde. So schloss die Zuchtleitung Weimar mit der VVB Forstwirtschaft Suhl einen Vertrag über die Lieferung von Rückepferden, der über 15 Jahre die jährliche Bereitstellung von 50 dieser Kaltblutpferde gewährleisten sollte und somit auch die Entstehung von kleine
ren Zuchtbetrieben ermöglichte. Leider entsprachen aber die gelieferten Kaltblüter anfangs nicht den gewünschten Forderungen, da sie ja inzwischen kleinrahmiger geworden waren
und das Zuchtziel für alle arbeitenden Pferderassen, veröffentlicht 1971, auch nur ein mit-telrahmiges Kaltblutpferd mit einer Größe von 154 cm bis 160 cm, einem Brustumfang von 180 cm bis 200 cm und einem Röhrbeinumfang von 23 cm bis 25 cm und einem Gewicht von 600 kg bis 750 kg vorsah. Damit konnten die Forstwirte nichts anfangen die Pferde waren zu klein, hatten zu wenig Kaliber und zu wenig Kraft. Um Pferde mit den gewünschten Eigenschaften zu erhalten wurden zu Beginn der 70er Jahre Altmärker
Hengste in der Zucht eingesetzt. Im Jahre 1986 standen noch 7 Kaltbluthengste in Thürin-
gen. Die Blutlinienverteilung der Hengste verschob sich etwas gegenüber denen von 1957, denn nun waren alle in diesem Jahre gekörten Hengste auf den Stempelhengst JUPITER BS 126 zurückzuführen an erster Stelle standen nun aber hier dessen AVENIR d’HERSE Nachkommen und nun an zweiter Stelle die seines Nachkommen GAULOIS de MONCEAU 888, der wiederum ein Sohn von AVENIR d’HERSE war.
Während der Wendezeit waren die sächsischen und thüringer Pferdezüchter sehr bemüht den Zuchtbestand zu erhalten. Schon im Jahre 1990 wurde der „VERBAND THÜRINGER PFERDEZÜCHTER e. v.“ neu gegründet der wiederum ein neues und überarbeitetes Zuchtziel vorstellte das deutlich dem von 1971 abwich. Dieses wird so beschrieben:
Ein harmonischer Kaltblüter mit einem mittelgroßen Kopf, der ein trockenes und schönes Gesicht mit freundlichen Augen zeigt. Der Hals ist kräftig und gut aufgesetzt. Die Schulter ist schräg, muskulös und gute gelagert, die Brust geräumig. Der Rumpf ist mittelschwer und endet mit einer gut bemuskelten Kruppe. Das trockene, und korrekte Fundament hat große harte Hufe. Das Langhaar ist kräftig und an den Beinen findet sich ein leichter Fesselbehang. An Farben findet man Braune, Füchse, Rapp-, Braun- und Fuchsschimmel. . Seltener sind Rapp- oder Mohrenkopfschimmel. Alle Pferde haben aber wenige bis keine weißen Abzeichen. Die Größe beträgt durchschnittlich 158 cm bis 165 cm. Diese Kaltblüter sind sehr leichtfuttrig, haben einen ausgeglichenen und gutmütigen Charakter und ein gu-
tes Temperament. Sie sind leistungsstark, arbeitswillig und haben raumgreifende Gänge. Ihre Verwendung liegt noch heute in der des land- und forstwirtschaftlichen Arbeitspferdes, Zugpferdes für gewerbliche Gespanne und immer mehr als Hobbyreitpferd.
Man versucht wieder an alte Traditionen anzuknüpfen und neue Möglichkeiten zu nutzen.
Bei vielen Zuchtschauen, Veranstaltungen und Körungen konnten sich die Sächsisch –Thüringer Kaltblüter besten platzieren und für Aufmerksamkeit sorgen. Die Zucht wird im Bereich der Landesverbände organisiert, die mit den Zuchtverbänden Baden - Württemberg,
Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz-Saar als Süddeutsche Pferdezuchtverbände zusammenar-
beiten und werden in Thüringen und Sachsen von den Pferdezuchtvereinen getragen
Das Brandzeichen, früher ein Wagenrad, ist heute der Sachsenkrone gewichen. Durch die gute Kooperation beider Zuchtländer einigte man sich auch auf die heute gültige Rassebe-zeichnung, man hat ein gemeinsames Zuchtprogramm und nutzt auch die gekörten Hengste in beiden Zuchtgebieten. Beide Zuchtgebiete sind auch als gemeinsamer Pferdezuchtver-band Sachsen - Thüringen aktiv. Das zuständige Gestüt ist das Landgestüt Moritzburg und es gibt derzeit einige Zuchthengste, von denen einige auch im Gestüt stehen, da die Mehr-zahl in Privathand steht.




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